... ich sing' für die Verrückten, die seitlich Umgeknickten ...


Eine nicht ganz unbedeutende Vorbemerkung:
Im Gegensatz zu der sonst üblichen Vorgehensweise bei Blogs stehen bei uns neue Artikel nicht zuoberst, sondern da, wo sie alphabetisch hingehören. Such- bzw. findverschärfend kommt noch hinzu, daß neue Geschichten, zu denen es bereits einen Artikel (Plattenladen) gibt, in demselben untergebracht werden. Dies alles hat nur ästethische Gründe, d.h.alles soll schön ALPHABETISCH bleiben. Und für neue Besucher ist es sicher auch sehr praktisch, nur sind die Wiederholungstäter ein wenig in den Knimel gepiffen. Leider kann man's nie für alle passend machen. Falls mir aber dsbzgl. noch eine grandiose Umwälzung in den Kopf fällt, werde ich die Welt damit in Entzückung versetzen, zumindest aber Bescheid sagen. ;-)



Mittwoch, 9. Dezember 2009

METAL KING

Von Jolly Joker:
Dann gab es noch, mit dem Metal King, am Pontdriesch Aachens kleinsten Laden für Secondhand Platten, CDs und Singles. Anfang der Neunziger Jahre betrieb Heinz im Parterrebereich eines ca. 3 Meter und gefühlten 2 Meter breiten, denkmalgeschützten Haus dieses Unikum. Mehr als zwei Kunden zur gleichen Zeit hatten keine Chance die Türe zu öffnen und den Laden zu betreten. Heinz saß an einem kleinen Schreibtisch hinter der Kasse unter einem Treppenaufgang.
Ich kannte Heinz schon von der Aachener Schallplattenbörse im Eurogress. Dort bot er u.a. Konzertaufnahmen aus dem Rock & Pop Bereich auf VHS Kassetten an. Ich war scharf auf eine seltene Liveaufnahme eines ANGEL Konzertes, das Heinz in seiner Übersichtsliste führte. Da er diese Aufnahme nicht mit hatte, besuchte ich ihn einige Tage später in seinem Lädchen. Heinz führte mich ein einen größeren Nebenraum. Dort kam ich mir vor wie in einem Fernsehstudio. Mehrere Fernseher und zahlreiche Videorecorder waren ordentlich in verschiedenen Regalen aufgebaut und kopierten was auch immer die heißen Bild- und Tonköpfe hergaben. Dieser beeindruckende Anblick, stimmte mich damals schon sehr nachdenklich. Über die ANGEL Konzert VHS Kassette freue ich mich aber heute noch.
An der Decke des kleinen Lokals verliefen Heizungs- Wasser- und Abwasserrohre, die sich bei Benutzung stets mit lautem Wasserrrauschen meldeten. In meinem Bekanntenkreis erhielt Heinz die lieb gemeinte Umbennung in „Heizungsheinz“. Beim Metal King bekam man so manche Bootleg CD. Insbesondere die amerikanische Reborn Classic CD Reihe aus dem Jahre 1992 mit seltenen US-Metal Bands hatten es mir angetan und konnte dank Heinz und meiner jetzt leeren Geldbörse, fast vervollständigt werden. Selbst nach der Verlegung des Geschäftes in den Souterrain / Keller in der Römerstraße blieben Heinz die frei liegenden Abwasserrohre erhalten. Beim Metal King konnte man, wohl damals einmalig in Aachen, Tonträger der verpönten Böhsen Onkelz erwerben. Die Böhsen Onkelz wurden damals indiziert und mit Radio- und Fernsehrboykott (MTV und VIVA) belegt. Große Verkaufshäuser wie Media Markt, Saturn oder WOM verkauften keine CDs von den Böhsen Onkelz. Trotzdem schafften die „Heiligen Lieder“, ohne jegliches Marketing, Platz 5 der deutschen Charts. So pries er mir die CD „Heilige Lieder“ aus dem Jahre 1992 mit folgenden Worten an: „Wenn Du die „Heiligen Lieder“ in deinem Autoplayer hörst, dann bekommt deine Karre glatt 20 PS mehr.“ Da konnte ich natürlich nicht widerstehen, denn meinem Ford Mondeo fehlten ein paar Pferdchen. Da es der freundliche Heinz mit der Produktion und dem Vertrieb von illegalen CD Raubkopien etwas übertrieben hatte, wurden seine kleinen Geschäftsräume im Keller eines Büro- und Geschäftshauses geschlossen und er änderte nach der Gerichtsverhandlung erneut seinen Wohnsitz, diesmal jedoch auf Staatskosten. Bei der Strafverfolgung strengten einzelne IFPI-Landesgruppen (International Federation of the Phonographic Industry) aus Deutschland, Großbritannien, Holland, der Dachverband in London und die US-Vereinigung RIAA weitere Ermittlungen an, um den Urheber der Kopien zu identifizieren. Hierbei wurde ein spezielles Verfahren angewendet: Die Ermittler führten eine forensische Untersuchung durch, die feinste mechanische Strukturen der illegalen CDs sichtbar machte und verglichen diese mit Mustern anderer CDs. Da die Maschinen, die die CDs pressen, winzige individuelle Unterschiede aufweisen, hinterlassen sie eine Art "maschinellen Fingerabdruck“ auf jeder Raubkopie. Auf diese Weise konnten die Ermittler belegen, mit welcher Maschine die jeweilige Kopie gepresst wurde. Daraufhin wurden zwei Presswerke in Aachen und Hanau identifiziert und in der Folge durchsucht. Das Werk in Aachen wurde daraufhin sofort geschlossen. Genau diese außergewöhnliche Vorgehensweise der Ermittler wurde dem lieben Metal King zum Verhängnis. In einem zivilrechtlichen Verfahren wurde Schadenersatz in sechsstelliger Höhe geltend gemacht.

























"Metal King" Ladenlokal am Pontdriesch














Hofeinfahrt zum "Geheimprojekt" METAL KING in der Römerstraße









Meinen wertvollsten Kauf tätigte ich beim Metal King mit dem Erwerb der wunderbar aufgemachten Venom 4 LP Box „Here Lies Venom“ aus dem Jahre 1986. Heute muss der Sammler schon mindestens 250 US Dollar auf den Tisch legen, um eine der weltweit auf 5000 Stück limitierten Grabstein Box der Schwarzmetaller zu erwerben.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen