Von Jolly Joker:
Wer noch auf Schallplattensuche war konnte damals auf zahlreiche Second Hand Läden zurückgreifen. Da gab es an der oberen Jakobstraße, in Höhe der Jakobskirche, Jürgens Musikladen. Einige Jahre später bezog Jürgen, Anfang der Achtziger Jahre, in der Schützenstraße 23, mit einem riesigen Angebot an Langspielplatten und Singles, größere Geschäftsräume. An der Wand hinter der Kasse hatte Jürgen die Durchschrift des Original Einzahlungsbeleges der Commerzbank seiner ersten Tageseinnahme in einem Bilderrahmen als Glücksbringer und gutes Ohmen auf gehangen. Ich werde nicht die Freude vergessen, als ich nach jahrelanger vergeblicher und weltweiter Suche 1998 endlich die einzige LP der Band Rough Diamond (u.a. Heeps David Byron, Clem Clempson) aus dem Jahre 1977 in Jürgens Musikladen aus der Plattenkiste zog, in meinen zittrigen Hände hielt und mein erfreuter Blick auf das tadellose Stanzcover fiel. Das war ein magischer Moment. Ein weiterer Kaufhöhepunkt war 2008, als ich die in meiner Sammlung verschollene Schallplatte der Aachener Band Anakonda „Nice to see you“ aus dem Jahre 1981 mit dem legendären späteren Zeltinger Drummer Frank Müller (R.I.P.) erneut erwerben durfte. Im bis zur Decke voll gestellten Laden mit Kisten voller Schallplatten, Singles und CDs befand sich auch ein Platz zum Anhören der Platten oder CDs. Keine gute Idee fand ich Ende der Neunziger Jahre die Einführung der Hörgebühr von 0,50 Pfennig pro LP/CD, wenn man anschließend keinen Kauf tätigte. Das fanden wohl auch andere Kunden. So wurde die in Aachen, nach 1971/72 bei Heiliger & Kleutgens, einmalige Hörgebühr nach nur wenigen Monaten unter Beifall der Kunden wieder abgeschafft. Legendär ist auch die Preisauszeichnung im Laden. Ähnlich wie früher bei der RTL Show Tutti Frutti mit den Länderpunkten, zeichnete Jürgen seine Ware mit verschieden farbigen Aufklebern aus. Auf großen Papptafeln, die im Geschäft angebracht waren, wurde jede einzelne Farbe bzw. Farbkombination mit einem Preis versehen. Hier war ein schneller Spontankauf wirklich nicht einfach.
Die meiste Zeit saß Jürgen vor seinem Computer und tauchte intensiv in die Spielewelt ab. Dieses Geschäft gibt es heute immer noch. Jedoch wickelt Jürgen seine Verkaufstätigkeiten über das Internet (www.musikladen-aachen.de) ab und der noch mit Ware voll gestellte Laden ist heute meistens geschlossen. Hier gilt wie beim Arzt: Termine nach Vereinbarung.
Sicherlich, die Preis- und Geschäftspolitik von Jürgen ist in all den Jahren etwas wirr und unverständlich, aber dieser Tatsache verdanke ich die Entdeckung einer geilen Band, die bestimmt sonst nicht den Weg in meine Sammlung angetreten wäre. Wir schrieben das Jahr 1989 und die Band war Mama`s Boys. Die wurde 1978 von den drei McManus Brüdern gegründet. Im Metal CD Verkaufskarton hatte Jürgen auf der 87`er Cut-out CD (mit schön gebohrtem Loch auf der linken Seite der CD-Hülle) „Growing Up The Hard Way“ von den Mama´s Boys, den kleinen, mit der Hand geschriebenen Hinweisaufkleber, mit den Worten: „Lost Album, Classic Rock, Journey“, aufgeklebt. Das machte mich natürlich neugierig, zumal dies zu meinem Beutebereich passte und ich von Mama´s Boys noch nie etwas gehört hatte. Der Preis war mit deutlich über 20 DM stattlich, doch die Neugierde war größer und schon legte Jürgen die CD zum Probehören in seinen Player. Die Band mit dem neuen Sänger Keith Murell überzeugte mich mit dem ersten Song total und die restlichen acht Melodic Songs knallten schon nach einer kurzen Anspielzeit ebenfalls voll in den grünen Bereich. Erst zu Hause habe ich gesehen, dass es sich dabei um eine US Import CD handelte die heutzutage mit viel Glück nicht unter 35 Euro zu erlegen ist. Zwar stimmte der Hinweisaufkleber nicht ganz, aber immerhin habe ich durch diesen eine tolle Band entdeckt, deren restlichen CDs ich mir in verschiedenen Läden nachgekauft habe. Leider löste sich die Band im Jahr 1993, nach dem Tod von Schlagzeuger Tommy McManus und nach 7 tollen Alben auf.
NACHTRAG: Nach fast 30 Jahren hat Jürgen´s Musikladen im Juni 2010 seine Tätigkeit eingestellt.
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