... ich sing' für die Verrückten, die seitlich Umgeknickten ...
Eine nicht ganz unbedeutende Vorbemerkung:
Im Gegensatz zu der sonst üblichen Vorgehensweise bei Blogs stehen bei uns neue Artikel nicht zuoberst, sondern da, wo sie alphabetisch hingehören. Such- bzw. findverschärfend kommt noch hinzu, daß neue Geschichten, zu denen es bereits einen Artikel (Plattenladen) gibt, in demselben untergebracht werden. Dies alles hat nur ästethische Gründe, d.h.alles soll schön ALPHABETISCH bleiben. Und für neue Besucher ist es sicher auch sehr praktisch, nur sind die Wiederholungstäter ein wenig in den Knimel gepiffen. Leider kann man's nie für alle passend machen. Falls mir aber dsbzgl. noch eine grandiose Umwälzung in den Kopf fällt, werde ich die Welt damit in Entzückung versetzen, zumindest aber Bescheid sagen. ;-)
Mittwoch, 9. Dezember 2009
MONO-RECORDS
Von Jolly Joker:
Dann gab es noch seit dem 24. Juli 1982 in der unteren Jakobstraße 68 Mono Records. Der äußerst sympathische Paul, der es mit den Öffnungszeiten nicht immer so genau nahm, führte dort einen kleinen Laden für Second Hand Platten und Singles.
Paul ist in Aachen nach näherer Betrachtung kein Unbekannter. Er arbeitete vorher u.a. im Amsterdam Record Shop, war dort zeitweise Geschäftsführer, arbeitete im Plattengeschäft Jansen, im Disco Shop und war erster Geschäftsführer bei der Aachener ELPI Filiale.
Im Oktober 1990 ist Paul dann mit seinem Geschäft in den Bergdriesch 14 gezogen. Die Besonderheit des Ladens war, dass hinter den beiden kleinen Verkaufsräumen, nur getrennt durch einen Vorhang, Pauls Wohnung lag. Im hinteren Verkaufsraum waren neben unzähligen Singles und weiteren Langspielplatten zwei Hörplätze für CD und Platten eingerichtet. Sitzen konnte man auf zwei nicht sehr bequemen Holzstühlen. An den Wänden der Verkaufsräume hingen alte Konzertplakate, denen man das Alter der Zeit gut ansehen konnte. Des weiteren waren Sie aufgrund Pauls Zigarettenleidenschaft gut konserviert. Ein Plakat hatte es mir besonders angetan: Ein seltenes und sehr gut erhaltenes Konzertplakat der Wonderworld-Tour von Uriah Heep aus dem Jahre 1974. Ich habe 1999 mehrere Monate damit verbracht dem lieben Paul das Plakat abzuschwatzen. Dabei gestaltete sich die Preisentwicklung wie der Heizölpreis vor dem Winter. Doch irgendwann waren wir uns einig und einem historischen Akt ähnlich stieg Paul auf seinen Stuhl und entfernte vorsichtig die vier Heftzwecke des Plakates. Der leere Platz an der Wand deutete später noch lange auf meinen Erfolg hin. Mein absoluter Kauferfolg in Pauls Laden bestand in der Entdeckung und dem gierigen Kauf der beiden Vinylscheiben von The Pink Mice aus den Jahren 1971 und 1973. Hinter dem Projekt The Pink Mice steckte, wie erst wesentlich später bekannt wurde, die deutsche Band Lucifer´s Friend, die ohne den späteren Uriah Heep Sänger John Lawton, die beiden klassisch angehauchten Instrumentalalben „In Action“ und „In Synthesizer Sound“ mehr oder weniger in aller Stille veröffentlicht hatten. Da diese Scheiben auf dem Europa Label sehr selten waren war meine Freude groß diese nun endlich in meiner Plattensammlung zu haben.
Auch bei Dingen die jeder Plattensammler braucht, hatte Paul immer die richtige Antwort. So erinnere ich mich daran, dass Paul eines Tages einen riesigen Bestand an gebrauchten Singlebüchern in jeglicher Farbe und Ausführung im Bestand hatte. Natürlich habe ich da zugeschlagen, genau so wie bei den stabilen Schallplattenkästen aus schwarzem Plastik. Diese Käufe habe ich nie bereut.
Über die monatlich wechselnde Schaufenstergestaltung machte sich Paul immer vorher große Gedanken. Die zahlreichen Plattencover verschiedenster Musikrichtungen im großen Schaufenster hatten immer einen gemeinsamen Bezug. Entweder drehte sich alles bei den Plattenmotiven um Tiere, schöne Frauen, Weihnachtsmotive oder Autos, oder sie waren alle im gleichen Farbton gehalten. Es war erstaunlich wie sorgsam Paul sein Plattensortiment immer wieder nach diesen Gemeinsamkeiten durch forstete, um seiner Kundschaft wieder ein neues Gesamtkunstwerk im Schaufenster präsentieren zu können. Auch hier wurde ich schnell zum Stammkunden. Dafür gab es auch schon einmal einen Kaffee von Paul. Hier kaufte man nicht nur einfach ein, nein, Aufenthalte im Mono waren fast immer mit längeren interessanten Gesprächen über Gott, die Welt, Musik und besonders über Paul, mit dem Geschäftsinhaber verbunden. Das war Erlebniseinkauf in Reinkultur. Pauls Leben schien sich in seinem Laden abzuspielen. Hatte Paul Hunger, so ging er in seine kleine Küche, schmierte sich eine Stulle und verspeiste diese dann genüsslich an seinem kleinen Schreibtisch im Laden, während er sich dabei mit Kunden unterhielt. Doch ich erlebte auch Ruhephasen, in denen Paul seine langen Beine auf dem Schreibtisch ausstreckte, seine weißen Birkenstocktreter auf dem Boden parkte und seine langen Zehen in den weißen Socken im Rhythmus der Musik spielen ließ. Apropos Rhythmus der Musik, schon bei Betreten der Kultstätte erhielten die Ohren des Kunden ihr Futter. Denn Paul beschallte in angenehmer Lautstärke seine Verkaufsräume mit seiner Lieblingsmusik die seine Stimmung gerade wieder spiegelte. Entweder träumte er dabei, oder war mit der aufwendigen Reinigung seiner Schallplatten im Lenco Flüssigbad beschäftigt. Dabei kam eine Schallplattenputzmaschine in Einsatz, die im Laden zu erwerben war. Von dem Gerät war ich so begeistert, dass ich mir bei Paul eine gekauft habe. Doch zu Hause die eigenen Schallplatten zu reinigen, war etwas anderes, als Paul dabei in seinem Reich zu beobachten.
Unvergessen für mich, dass Paul in meinem Beisein den gesamten REPERTOIRE Katalog CD für CD äußerst sachkundig und sehr ausführlich kommentierte und mir die interessanteste Veröffentlichung darin mit Bleistift ankreuzte. Dieser Katalog dient mir heute noch bei der Kaufentscheidung und auf den Rat von Paul konnte ich bis jetzt immer zählen, seine Tipps haben mich nie enttäuscht. Erst im September 2003 verschloss Paul die Türe zu seinem Mono und seiner Wohnung zum letzten Mal. Er zog nach Herzogenrath und verkauft seine Platten/CDs und Singles seitdem über das Internet (www.monorecords.de). Ein Besuch auf seiner Internetseite lohnt sich.
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